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1.4 Anwendungskonzepte

   Ein Intranet dient der Unterstützung der Mitarbeiter eines Unternehmens bei der Bewältigung ihrer Aufgaben. Es haben sich Schlüsselanwendungen herausgebildet, die auf die Internet-Architektur auf die genannten Dienste aufbauen. Bei den Überlegungen zur Konzeptionierung und Realisierung eines Intranets für ein bestimmtes Unternehmen stellt sich heraus, daß viele der gewünschten oder geforderten Anwendungen auf einem dieser Konzepte beruhen oder eine Abwandlung davon sind. Im folgenden werden diese Grundtypen näher betrachtet.

1.4.1 Intranet Publishing

 

Die häufigste Anwendung im Internet ist die Erstellung von mehr oder weniger statischen Dokumenten. Beispiele sind die Homepage oder Unternehmens- und Produktbeschreibungen, aber auch interne Regelungen und Vorschriften oder Mtiarbeiter- und Telefonlisten. Das einheitliche Dokumentenformat erleichtert den plattformübergreifenden Zugriff auf diese Informationen, da auf keine systemabhängigen Beschränkungen Rücksicht genommen werden muß. Das Intranet Publishing ist von grundlegender Bedeutung auch für andere Anwendungskonzepte, da die Daten alle auf das einheitliche HTML-Format des World Wide Webs zurückgreifen. Heutzutage bieten die üblichen Web-Browser aber auch die Möglichkeit, Fremdformate mittel sogenannter Plugins   darzustellen. Somit hat man auch die Möglichkeit, auf eine bereits bestehende Datenbasis zuzugreifen. Eine wesentliche Voraussetzung für die Bereitstellung aller Dokumente ist ein entsprechend frei zugängiger Daten-Bereich auf dem Webserver, damit Interessenten auf die Information zugreifen können.

Die Hauptaufgabe bei der Einführung eines Intranets besteht darin, bereits vorhandene Dokumente, Unterlagen und Formulare in ein elektronisches Format zu überführen oder gegebenenfalls neu zu erstellen. Bei der Bearbeitung von Formularen ist zu erwähnen, daß hier neben den unveränderlichen Elementen auch Informationen vom Benutzer zurück an den Server gelangen, die dann ausgewertet werden. In diesem Zusammenhang steht der Begriff CGI[*], der die Möglichkeit der Interaktion des Benutzers mit dem System beschreibt.

Das neue am Intranet Publishing ist nun, daß Informationen nicht mehr automatisch an den Benutzer geliefert werden, beispielsweise in Form von Mitteilungen, Umläufen oder Rundschreiben. Dieses Verfahren zeigt meist, daß vieles nicht gelesen wird, oder erst gar nicht an die richtige Stelle geleitet, bzw. zu einem ungeeigneten Zeitpunkt erscheint. Vielmehr ,,bedient`` man sich selbst, das heißt, man ruft die im Augenblick benötigten Daten vom Netz ab, und erhält somit auch nur die Informationen, die gewünscht werden. Mit diesem Verfahren ist es zum Beispiel möglich, daß in einer Geschäftsstelle ein Sachbearbeiter den aktuellen Warenbestand der Zentrale abrufen kann, statt die Bestandsliste der letzten Woche zu suchen, auf der die ohnehin nicht mehr aktuellen Werte abgedruckt waren.

Ein entscheidender Nachteil an dieser Stelle: bei der Einführung dieses Verfahrens sind auch Organisatorische Maßnahmen in Betracht zu ziehen. Die Selbstbedienung am Informationsschalter erfordert eine Holpflicht  durch den Benutzer, anstatt der Bringschuld  durch den Anbieter. Die Akzeptanz einer solchen Anwendung hängt stark von der Umstellung ab, sich gewisse Dokumente nicht mehr automatisch zustellen zu lassen, sondern diese bei Bedarf abholen zu müssen. In manchen Fällen wird es erforderlich sein, neben einer Bereitstellung im Intranet auch eine automatische Auslieferung an die gewünschten Adresse, als eMail, erfolgen zu lassen. Viele Mitarbeiter können oder wollen ihrer Holpflicht nicht nachkommen. Der daraus entstehende Unmut über das neue System, das angeblich nicht funktioniert, wirkt eher kontraproduktiv. An dieser Stelle muß sehr behutsam auf die Mitarbeiter eingewirkt werden, da sonst eine Umstellung scheitert.

1.4.2 Groupware

 

Als Groupware bezeichnet man ,,integrierte Software-Anwendungen, auf deren Basis computergestützte Teamarbeit ermöglicht wird``[*]. Bekanntestes Produkt dieses aufgrund mangelnder Realisierbarkeit sehr kleinen Marktsegmentes ist das von IBM und Lotus entwickelte Notes, dessen Nachteile, die hohen Einführungskosten, proprietäre Formate und aufwendige Anwendungsentwicklung, eine weite Verbreitung in den Unternehmen bislang verhinderten. Durch die Einführung eines Intranets werden nun solche teamorientierten Anwendungen praktisch frei Haus geliefert, zudem ist die Einführung weit billiger und wegen der Orientierung an offenen Standards sind die Applikationen leistungsfähiger und flexibler.

Die Aspekte von Groupware beziehen sich auf die Koordination der Arbeit in Gruppen: gemeinsames Sammeln und Auswerten von Informationen, Erstellen von Dokumenten, Ablaufplänen und Konzepten, gemeinsame Terminpläne und öffentliche Gruppendiskussionen. Hierbei ist von Vorteil, daß sich die einzelnen Mitglieder weder zur gleichen Zeit treffen noch am gleichen Ort befinden müssen, um an den gemeinsamen Aktivitäten teilzunehmen. Produktivität muß nicht mehr in endlosen Meetings erreicht werden, sondern verlagert sich wieder an den Arbeitsplatz. Darüber hinaus hat die ,,unpersönliche`` Kommunikation über das Medium Computer auch Auswirkungen auf die Gruppendynamik: Einflüsse aufgrund des höheren Status eines Vorgesetzten gehen zurück, Ideen oder Meinungen werden in zunehmendem Maße spontan geäußert[*] und unter Berücksichtigung von Reisezeiten wird eine Zeitersparnis erreicht.

Beispiele für Groupware sind geimensame Projekte von international besetzten Teams, so wie sie im Internet häufig auftreten: viele Programme werden von Menschen erstellt und weiterentwickelt, die auf der ganzen Welt leben, sich nie im Leben begegnet sind und nur über eMail miteinander kommunizieren.

Eine technische Realisierung kann mit Hilfe eines eMail-Systems zum Versenden von Nachrichten und für öffentliche Diskussionsforen (news) erfolgen. Für den Zugriff auf die gemeinsame Datenbasis ist ein Dokumentenserver nötig, der gleichzeitig für Konsistenz sorgt und Informationen geeignet repliziert, falls nicht alle Mitglieder auf die zentrale Sammelstelle zugreifen können. Eine Erweiterung der Netzinfrastruktur, um Methoden zur Verschlüsselung und Authentifizierung anzubieten, ist ebenfalls erforderlich, damit die autorisierten Teamangehörigen Änderungen vornehmen können und ein Mißbrauch auszuschließen ist. Weitere benötigte Funktionen sind der gemeinsame Terminkalender zur Ablaufkoordinierung und eine Document-Sharing-Anwendung oder Versionsverwaltung, die ein gleichzeitiges Arbeiten am gleichen Dokument von mehreren Personen zuläßt. Mit Hilfe von Audio- und Videokonferenzen läßt sich darüber hinaus sogar eine synchrone Teamarbeit realisieren.

1.4.3 Datawarehousing

 

Mit Hilfe des Datawarehousing-Prinzips werden ausgewählte Informationen aus den unterschiedlichen Unternehmensbereichen gesammelt und zueinander in Beziehung gesetzt, um so die Geschäftsprozesse zu analysieren und zu fundierten Unternehmensentscheidungen zu gelangen. Die Schwierigkeit bei diesem Vorgang liegt zum einen an den benötigten Daten, da sie meist aus unterschiedlichen, heterogenen Umgebungen zu gewinnen sind: auf der einen Seite Datenbanksysteme, auf der anderen Produktionsmaschinen oder sogar manuelle Eingaben. Liegt das Zahlenmaterial erst einmal vor, so ist eine Auswertung erst durchführbar, wenn nach einer Gewichtung der Faktoren untereinander auf gemeinsame oder vergleichbare Diomensionen (Zeiten oder Geldbeträge) umgerechnet worden ist. Schließlich ist die Auswertung in einer aussagefähigen Weise darzustellen.

Das größte Anwendungsgebiet für Datawarehousing ist das Qualitätsmanagement, wo aus den Informationen der Produktion in Verbindung mit Absatzzahlen Rückschlüsse auf Verbesserung der Produktivität gezogen werden. Ein anderes Beispiel ist die Aufstellung von Maschinenauslastungen in einer Produktionsanlage oder die Lohn- und Gehaltsberechnungen über die Anwesenheitszeiten, die bei Zugangskontrollen mit Magnetkarten erfaßt werden können.

Der Vorteil von Intranets für diese Anwendungen liegt auf der Hand: Kompatibilitätsprobleme lassen sich zwischen den Datenquellen beheben, indem ein einheitliches homogenes Datenformat gewählt wird. Für die meisten Datenbank-Management-Systeme existiert bereits die Möglichkeit einer Internetanbindung, die man hierfür nutzen kann. Die Informationsbeschaffung (Extraktion) aus dem Produktionsprozeß über eigene Gateways ist in der Regel ebenfalls leicht zu realisieren. Für den Transport der Daten sind keine spezielle Datenleitungen erforderlich; die vorhandene Infrastruktur kann mitgenutzt werden. Bei der Übertragung ist zu berücksichtigen, daß die Verbindung zwischen den einzelnen Stationen gesichert sein muß, damit die Informationen nicht in flasche Hände geraten kann und ein Mißbrauch ausgeschlossen ist. Die Individualität der Auswertung wird durch das Intranet im Normalfall nicht verbessert, aber auch nicht erschwert. Der Webserver fungiert hier als Vermittler zum Client, auf dem die ausgewerteten Daten darzustellen sind. Über die Datenbankschnittstelle sind zudem unterschiedliche Sichten auf die Informationen gewährleistet, eine Weiterverwendung in anderen Dokumenten, eingebettet oder als Verweis, stellt ebensowenig ein Problem dar.

In vielen Fällen findet ein Datawarehousing in Unternehmen nicht oder nur teilweise statt, da die technischen Voraussetzungen erst noch geschaffen werden müssen, was einen finanziellen Aufwand bedeutet. Auf diesem Gebiet kann es zu Überschneidungen mit anderen Firmenbereichen und -projekten kommen, was aber auch zu einem Zusammenwirken führen kann, wenn beiden Komponenten koordiniert ablaufen.

1.4.4 Electronic Commerce

 

Ein weiteres Anwendungskonzept auf dem Absatz- und Service- Sektor, der eigentlich nicht in den Intranetbereich fällt, ist Electronic Commerce. Die Einsatzfelder liegen bei geschäftlichen Transaktionen zwischen Unternehmen, elektronischen Kaufhäusern und Katalogen, sowie Online-Kauf und Online-Bezahlung. Für den erfolgreichen Betrieb solcher Applikationen ist ein gut durchdachtes Intranet oder Firewall-System eine wichtige Voraussetzung, da neben den öffentlich zugänglichen Informationen oft auch Verbindungen zu internen Datenquellen genutzt werden, deren Schutz vor Mißbrauch oberste Priorität besitzt. Die Verwendung des Internets für Electronic Commerce bietet enorme Vorteile: durch die externe Infrastruktur sind sowohl in technischer wie in geographischer Hinsicht fast keine Grenzen zu überwinden. Kunden oder Geschäftspartner können unter Ausnutzung der standardisierten Technologien in die Geschäftsprozesse des Unternehmens integriert werden.

Ein gutes Beispiel für die Verdeutlichung des traditionellen Kommunikationsablaufs stellt das Servicetelefon einer Kundendienstabteilung dar. Für die Betreuung der Kunden und zur Abwicklung von Anfragen steht ein Sachbearbeiter zur Verfügung. Kann er die gewünschten Punkte nicht aus eigener Erfahrung klären, so wird er sich eines geeigneten Informationssystems bedienen, er nimmt also die Rolle eines Vermittlers ein.

Ein Großteil der Probleme ist aber schon über das Internet, ohne personelle Einmischung, abrufbar. Eine entsprechende Autorisierung und Sicherheitsvorkehrungen vorausgesetzt, kann der Kunde sich selbst mit notwendigen Informationen versorgen, die zudem noch wesentlich leichter auf dem aktuellen Stand zu halten sind, als dies bei einem gedruckten Katalog oder einem Handbuch der Fall ist. Der Einsatz von Suchmaschinen, wie sie im Internet leicht zu realisieren sind, erlaubt Kunden und Geschäftspartnern eine Recherche unabhängig von Öffnungszeiten der Servicestellen.

Ein weiteres Argument ist die Verkürzung von Vertriebswegen durch Electronic Commerce. Mit Hilfe von interaktiven Web-Dokumenten, also der Verwendung von Formularen und integrierten Programmen, können neben der reinen Informationsbeschaffung auch gleich Bestellungen abgeschickt oder eMails erzeugt werden. Die Abbildung dieses Konzepts auf ein Intranet ergibt beispielsweise Produkt- oder Ersatzteilkataloge, durch die Niederlassungen bei der Zentrale Material anfordern oder Aufträge einbringen können.


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10/6/1997